24.04.2025
Gise Ruprecht von GreenShift im Interview
Neben News von KlimAktiv möchten wir hier auch über Perspektiven und Erfahrungen unserer Partnern berichten. Mit GreenShift arbeiten wir im Rahmen des KliX3-Projekts zusammen. Mit Gise Ruprecht von GreenShift sprachen wir über nachhaltigen Wandel in Unternehmen.
Gise Ruprecht ist Gründerin und Geschäftsführerin von GreenShift. Ihre Herzensangelegenheit ist es, Führungskräfte und Mitarbeitende für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen zu sensibilisieren. Mit ihrer langjährigen Erfahrung in der betrieblichen Bildung und ihrer Expertise für nachhaltige Lernprozesse unterstützt sie Unternehmen dabei, die ökologische Transformation voranzutreiben und Unternehmenskultur zukunftsfähiger auszurichten – mit besonderem Fokus auf die Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks und die Stärkung des ökologischen Handabdrucks.
Am 05.06.2025 ist Gise Ruprecht Referentin beim KliX3-Themenabend zum Thema "Nudging in der Praxis", hier geht es zur Anmeldung.
Wie gelingt nachhaltiger Wandel in Unternehmen? Wir haben mit Gise Ruprecht gesprochen. Im Interview teilt sie ihre Vision und erklärt, warum Nachhaltigkeit von den Mitarbeitenden mitgetragen werden muss (Bottom-up-Ansatz). Sie verrät, welche konkreten kleinen Schritte Einzelne im Unternehmen setzen können, und welche Methoden helfen, eine nachhaltige Unternehmenskultur aufzubauen.
1. KlimAktiv (KA): Was hat dich dazu bewegt, GreenShift zu gründen?
Gise Ruprecht (GR):
Mir ist es wichtig, etwas zu bewegen und mich aktiv einzubringen – nicht nur privat, sondern auch beruflich. Ich habe gesehen, wie viel in Unternehmen schon für eine nachhaltige Ausrichtung passiert. Das ist oft mehr, als von außen wahrgenommen wird. Gleichzeitig höre ich immer wieder, dass diese Transformation von Mitarbeitenden nicht mitgetragen wird. Das ist für die Unternehmen ein große Herausforderung. Daher habe ich GreenShift gegründet: Ich verbinde meine Leidenschaft für Nachhaltigkeit und mein Know-how, Menschen zu aktivieren.
2. KA: Warum sollten Unternehmen nachhaltig wirtschaften? Welche Benefits ergeben sich langfristig daraus?
GR:
Nachhaltigkeit ist kein Add-on, sondern wirtschaftliche Zukunftssicherung. Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, sind resilienter, attraktiver für Fachkräfte und innovativer. Sie sparen Ressourcen – und zwar nicht nur ökologische, sondern auch personelle und finanzielle. Langfristig führt kein Weg daran vorbei. Und am besten fängt man heute schon damit an, denn das verschafft den Unternehmen einen Vorteil gegenüber dem Wettbewerb.
3. KA: Warum braucht es für nachhaltige Veränderung in Unternehmen insbesondere die Mitarbeitenden?
GR:
Nachhaltigkeit kann nur dann wirksam werden, wenn sie im Alltag gelebt wird – und genau da sind die Mitarbeitenden die entscheidenden Akteur:innen. Sie treffen tagtäglich unzählige kleine Entscheidungen, die sich direkt auf Ressourcenverbrauch, Prozesse und Verhalten auswirken. Wenn nachhaltige Maßnahmen nur „von oben“ vorgegeben werden, werden sie oft als zusätzliche, lästige Aufgaben wahrgenommen – im schlimmsten Fall als Belastung. Mitarbeitende brauchen die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen und zu verstehen, welchen Unterschied sie konkret machen können. Wenn sie beteiligt werden, steigt nicht nur ihre Motivation, sondern auch die Wirksamkeit der Maßnahmen. Nachhaltiger Wandel wird dann nicht verordnet, sondern gemeinsam gestaltet – und genau das macht ihn dauerhaft erfolgreich.
Gleichzeitig fördert die aktive Beteiligung Motivation, Identifikation mit dem Unternehmen und ein gemeinsames Wir-Gefühl. Kurz gesagt: Ohne die Mitarbeitenden bleibt Nachhaltigkeit ein Papiertiger – mit ihnen wird sie zur gelebten Realität.
4. KA: Wie gelingt es, Mitarbeitende und Führungskräfte für die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu sensibilisieren?
GR:
Indem man ihnen Raum gibt, selbst aktiv zu werden. Es geht nicht um Verbote oder Checklisten – es geht um Beteiligung, Selbstwirksamkeit um kleine Schritte, die machbar sind. Und um eine Sprache, die motiviert, statt zu belehren. Genau das vermittle ich in meinen Formaten.
Sensibilisierung gelingt, wenn Menschen nicht belehrt, sondern ernst genommen und einbezogen werden. Ich schaffe Räume, in denen sie eigene Erfahrungen einbringen, Fragen stellen und gemeinsam Lösungen entwickeln können – das erzeugt echtes Engagement. Führungskräfte nehme ich dabei genauso mit wie Mitarbeitende, denn Veränderung braucht beides: Richtung und Beteiligung. Wenn alle spüren, dass ihre Beiträge zählen und wirksame Schritte möglich sind, entsteht Motivation von innen heraus.
5. KA: Mit welchem Angebot und welchen Methoden hilft GreenShift Unternehmen dabei, nachhaltiger zu werden?
GR:
Ich arbeite mit Workshops, Beratung und Prozessbegleitung, gelegentlich auch mit E-Learning – je nachdem, was gebraucht wird. Immer praxisnah und interaktiv. Mein Fokus: Mitarbeitende und Führungskräfte gemeinsam aktivieren. Dabei nutze ich verschiedene Methoden. Workshops, die Basiswissen herstellen, Formate, die eine gemeinsame Zukunftsvision entstehen lassen, wie auch Prozesse der Ideenentwicklung.
Auf Wunsch begleite ich Teams auch langfristig bei der Umsetzung – denn aus Erfahrung wissen wir: Eine neutrale Person von außen hilft dabei, den Überblick zu behalten, unterstützt gezielt und sorgt dafür, dass das Dranbleiben leichter fällt.
6. KA: In deiner Arbeit praktizierst du den Bottom-Up-Ansatz. Wie sieht das in der Praxis und in der Umsetzung aus?
GR:
Ich öffne Räume, in denen Mitarbeitende ihre Ideen einbringen können – und dürfen. In Workshops entwickeln sie konkrete, umsetzbare Maßnahmen, die den unmittelbaren Arbeitsalltag betreffen. Veränderung passiert nicht nur top-down – sie wird im Arbeitsalltag gelebt.
7. KA: Welche Schritte kann ich als Mitarbeitende*r gehen, wenn ich das Gefühl habe, dass Nachhaltigkeit in meinem Unternehmen kaum von Bedeutung ist?
GR:
Sprich mit Kolleg:innen. Vernetz dich. Vielleicht gründet ihr ein Green Team.
Green Teams sind ein wunderbares Mittel dafür. Sie schaffen eine abteilungsübergreifende Vernetzung von Engagierten. Meist fangen die Teams mit sehr kleinen Schritten an, wie z.B. auf energiesparendes Verhalten zu achten oder kleine Informationskreise zu bilden oder die Mülltrennung zu optimieren.
Im besten Fall wirken diese Aktivitäten als ein Schneeballsystem. Oft braucht es nur wenige Engagierte, um etwas ins Rollen zu bringen. Und: Bleib dran – auch kleine Veränderungen zeigen Wirkung.
8. KA: Der ökologische Fußabdruck ist vielen bekannt, aber was genau versteht man unter dem ökologischen Handabdruck?
GR:
Der ökologische Fußabdruck zeigt, wie stark ich als Individuum Umwelt und Klima belaste – zum Beispiel durch Konsum oder Mobilität. Der Handabdruck dagegen setzt an einer anderen Stelle an: Er fokussiert darauf, was ich als Individuum oder wir als Gruppe zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks vieler Menschen beitragen können. Es geht also darum, strukturelle Veränderungen anzustoßen. Bei GreenShift geht es genau darum: Hebel finden, die über das eigene Verhalten hinaus Wirkung entfalten.
9. KA: Welche Rolle spielen sogenannte Green Teams in Unternehmen, und wie können sie zur nachhaltigen Transformation beitragen?
GR:
Green Teams sind die internen Treiber. Sie bündeln Energie, Ideen und Know-how. Wichtig ist: Sie brauchen Rückendeckung von der Führung und Gestaltungsspielraum. Dann können sie richtig was bewegen – von kleinen Maßnahmen bis zur strategischen Veränderung.
10. KA: Was ist das „Green Teams Netzwerk Deutschland“ und wie fördert es den Austausch und die Weiterentwicklung nachhaltiger Projekte in Unternehmen?
GR:
Das Netzwerk verbindet engagierte Mitarbeitende aus ganz Deutschland. Es gibt regelmäßige Treffen, Austauschformate, Inspiration. Ziel ist: voneinander lernen, gemeinsam wachsen, Wirkung verstärken.
11. KA: Gibt es kleine, aber wirkungsvolle Veränderungen, die ich als Mitarbeitende*r direkt umsetzen kann?
GR:
Ja, jede Menge! Anders zur Arbeit kommen, Papier sparen, Meetings hybrid statt in Präsenz durchführen, in der Kantine vegetarisch oder vegan essen . Aber auch: Fragen stellen, Kolleg:innen sensibilisieren, nachhaltige Ideen einbringen. Veränderung beginnt oft im Kleinen – und wird dann größer. Auch hier greift der Schneeballeffekt.
12. KA: Gibt es ein besonderes Erfolgserlebnis oder eine Geschichte aus deiner Arbeit, die du mit uns teilen möchtest?
GR:
In einem Workshop mit Führungskräften konnte ich durch eine Zukunftsreise ins Jahr 2035 durchführen. Die Teilnehmenden kamen sehr inspiriert in die Gegenwart zurück und haben daraus viele Ansätze entwickelt, wie sie ihre Arbeit neu ausrichten können.
In Workshops mit Mitarbeitenden habe ich oft den Aha-Effekt erlebt, wenn sie zum einen begreifen, dass die Klimakrise sie unmittelbar betrifft und zum anderen erkennen, dass sie aktiv werden können und nicht nur ohnmächtig ausgeliefert sind.
Denn: Every Job is a climate job!
Stand: 07.04.2025
© Bild: Gise Ruprecht